Donnerstag, 31. Dezember 2015

I like rising - übers Reisen










Da ist erst mal das Gefühl, eben unterwegs (eher auf als unter Wegs) zu sein.



In welchem Land ich auch bin, wo immer ich Halt mache, wie das Wetter auch sei, was immer ich erlebe – ich bin auf Reise, und das macht mich grundsätzlich glücklich. Ich habe mein Zuhause (mein Rolling Sweet Home), und da fühle ich mich wohl.

Dazu gibt es dann schon die Dinge, die mehr oder weniger nach oben ausschlagen können: Wie stark nimmt mich die jeweilige Welt auf, wie stark fasziniert sie? Aber irgendwie tut sie es immer, regt die Neugier an und hält Unerwartetes bereit.

Ich habe die „Rennstrecke“ (die Welt), und ich habe den Motor (die Neugier), um mich darauf zu bewegen.

Die „Boxen“, um beim Rennfahrer-Vergleich zu bleiben, sind mein Wohnwagen, der mir Tisch, Herd, Bett und alles bietet, was ich zum Innehalten brauche.

Was gar nicht zum Rennfahrer-Bild passt, ist der Zeit-Faktor: Ich habe viel Zeit, und es geht darum, nicht schnell zu sein. Zu beobachten, aufzunehmen, zu fragen und zu verdauen. Dazu habe ich das Schreiben, den Blog, wo meine Eindrücke zum „Produkt“ meiner inneren Verarbeitung werden.

Das Weg-Sein, das Unterwegs-Sein, das Betrachten der Welt als Reisender machen den Blick und die Empfindungen intensiver und radikaler. Fürs Schöne und fürs Hässliche. Gleichzeitig differenziert und relativiert es Sichtweisen und Urteile. Ist es wirklich schlimmer, mir nachts den Stromgenerator zu klauen als unter einem Vordach eine Zigarette zu rauchen? Wenn ich darüber schreibe, tue ich dies nicht nur aus meiner Optik, sondern auch aus der Optik des Landes, in dem ich bin. Ein Urteil ja, aber vorher der Versuch des Begreifens. Ich erlebe ja überall die Zuhause-Gebliebenen, die oft im für sie unfreien Alltag Gefangenen. Ich treffe auf arme Menschen in Ländern, in denen sie keine Zukunft haben (und eine beschissene Gegenwart), die aber zu Milde, Interesse und einem Lachen fähig sind, und in einem sogenannten Wohlstandsland solche, die glauben, das Territorium ihrer engen Erlebnisgrenzen, die erfolgreich in ihre Köpfe betoniert sind, verteidigen zu müssen. Und wie bereichernd ist es, auch in Moldawien auf ein Arschloch zu treffen oder in England guten und offenen Menschen zu begegnen.

Das Schreiben darüber soll ja dann süffig und pointiert sein. Es soll die Freude an der Neugier und dem Entdeckten zeigen, es darf auch mal übertreiben, oder es kann hart oder traurig wirken. Aber es soll immer Ausdruck davon sein, dass ich nicht als Tourist (kann man auch, wenn man es ohne Ignoranz und Arroganz tut), sondern als Reisender unterwegs bin.


       Happy New Year !